Play – Nur ein Spiel

Ist es Rassismus, wenn eine Filmhandlung daraus besteht, dass schwarze Jugendliche ein paar weiße Mittelstandskinder um ihr Hab und Gut – Handys, Mp3-Player und wertvolle Klamotten – bringen? Dem dokumentarisch-experimentellen Spielfilm „Play – Nur ein Spiel” von Ruben Östlund – der auf einer polizeibekannten Serie solcher Übergriffe basiert – wurde von einigen Kritikern vorgeworfen, rassistische Stereotype nicht nur zu reproduzieren, sondern gar erst zu etablieren. Genauerer Betrachtung halten solche Anschuldigungen allerdings nicht stand. Die Sezierung psychologischer Mechanismen ist filmisch auf geradezu exemplarische Weise gelungen und nicht zuletzt die jugendlichen Darsteller sorgen für ebenjene Komplexität, die aus einem womöglich schematischen Experiment wirklichkeitsnahe Widersprüchlichkeit erwachsen lässt.

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Kinostart: 24.1. 2013

Der Verdingbub

Ja, das ist ein schlimmes Schicksal gewesen, als Verdingkind. Bis weit nach 1950 gab es sie in der Schweiz: Meist waren es uneheliche oder Waisenkinder, die unter Billigung von Pfarrern, Ärzten und den Behörden unter sklavenähnlichen Bedingungen auf den Höfen arbeiteten. Damals gab es kein Mitleid, heute wird um Entschädigungen gerungen. Aber die Tatsache, dass bis heute – auch in der Schweiz – viele davon nichts wissen, rechtfertigt nicht, dass dieser sehr mittelmäßige TV-Film ins Kino kommt. Weiterlesen

Vielleicht lieber morgen

„Willkommen am Stand mit den Mängelexemplaren!“ Nicht unbedingt die Begrüßung, die man sich auf einer Party wünscht. Für Charlie aber ist es der Beginn einer großartigen Zeit an der High School. Er weiß, dass er ein Außenseiter ist und hat endlich Freunde gefunden, die ihr Außenseitertum feiern und mit Selbstironie dabei viel Spaß haben.
Charlie ist der Ich-Erzähler in dieser Geschichte, manchen vielleicht bekannt aus dem Briefroman „Das also ist mein Leben“ von Stephen Chbosky. Weiterlesen

Oh Boy

Berlin als Filmmotiv, gähn. Die Motive haben wir schon tausendmal gesehen, und die Leute, die kennen wir auch alle, die Hipster, die Künstler, die Gentrifizierer und die Schwaben. Jedoch – »Oh Boy« ist wohltuend anders: Ein „neuer“ Regisseur, bisher nicht mal durch Kurzfilme aufgefallen (sofern man bei Kurzfilmen von „Auffallen“ sprechen kann), macht einen absolut runden, absolut überzeugenden Film. Und traut sich an das ran, wovor Redakteure und Produzenten eher abraten: Weiterlesen

Fraktus

Kaum jemand wird sich an sie erinnern, aber so ist das ja oft mit der Avantgarde, mit denen, die ihrer Zeit unendlich voraus sind. Doch eins steht fest: Ohne Fraktus hätte es Techno nie gegeben. Einige der späteren Techno-Größen wie Marusha und Westbam erhielten wichtige Impulse durch Fraktus und ihr wichtigstes Werk „Tut-ench-amour“. Die Band baute einige Instrumente selbst, revolutionierte Klänge in der Musik und war für exaltierte Performances legendär. Sogar eine Vorläufer-Version des Smileys haben sie erfunden. Doch – wo sind sie jetzt?
Die drei Protagonisten, die 1979 unter dem Namen Frikassee begannen, sind heute in alle Winde verstreut: Ibiza, ein Internet-Shop namens Surf’n Schlurf und ein Optikergeschäft, Weiterlesen

The Deep Blue Sea

Die Schwiegermutter hat’s gewusst: Leidenschaft führt ins Verderben. Doch Hester (Rachel Weisz) kann nicht anders, als ihren Mann für einen anderen verlassen.The Deep Blue Sea Mit dem etwas älteren William war alles bequem, ruhig, liebevoll – eine eintönige Sackgasse oder sogar Schlimmeres. Mit Freddie, dem feschen, ehemaligen Kampfpiloten, entdeckt sie ein anderes Leben, aufregend, voll gieriger Körperlichkeit und brennender Leidenschaft – aber ohne wirkliche Zukunft. Was ihr passiert sei, fragt William, auch nach der Trennung um sie bemüht: „Liebe. Das ist alles.“ Was sie aufzehrt: Weiterlesen

Parada

Serbien: eine gespaltene und hoch chauvinistische Gesellschaft, in der laut eines taz-Berichtes von 2011 90% der Menschen gegen eine Schwulenparade sind.Parada Dort soll eine Komödie funktionieren, in der Veteranen aus den ehemaligen feindlichen Gebieten die Belgrade Pride beschützen? Tatsächlich zeigt der enorme Erfolg von »Parada« mit über 600.000 Zuschauern, wie sehr sich die Menschen auf dem Balkan nach Versöhnung sehnen und dass Vorurteile womöglich ganz langsam abgebaut werden können. Vorurteile gegenüber den „Ustaschas“ und „Tschetniks“, wie sich die Volksgruppen gegenseitig beschimpfen. Und allen gemein ist leider der Hass auf Schwule, der im Film wundersam geheilt wird. Weiterlesen

Das Schwein von Gaza

Ein Schwein im Fischernetz? Ein bisschen wie im Märchen fängt der Film an: Man sollte nicht allzu streng die Frage stellen, wie wahrscheinlich es ist, dass im Sturm ein Das Schwein von Gazavietnamesisches Hängebauchschwein von einem fernöstlichen Frachter fällt und dem armen Fischer Jafaar ins Netz geht. Der fängt sonst nie etwas außer Müll und Flips-Flops, ist mit dem Schwein aber auch so gar nicht einverstanden. Denn was soll er im Gazastreifen mit einem Schwein? Die Tiere gelten bei den Moslems als unreine Tiere und dürfen ihren heiligen Boden nicht betreten. Also ersinnt der schlichte Mann Lösungen. Er versucht es zumindest: Erschießen klappt nicht, im Haus verstecken auch nicht so richtig. Weiterlesen

Fast verheiratet

Fast verheiratet

Eigentlich schreckt der Titel ja ab. Zumindest diejenigen, die sich nicht unbedingt als Fan von romantischen Komödien bezeichnen. Dazu gehört die Rezensentin. Immer diese Rollenklischees, das wird ja stets auf die Spitze getrieben, wenn es ums Heiraten geht. „Fast verheiratet“ ist aber tatsächlich ein richtig lustiger Film, ganz ohne Klischees: Ein Paar aus San Francisco beschließt am Anfang des Films zu heiraten und am Ende – naja, ein Happy End ist das schon, aber den klebrigen Kitsch haben die Filmemacher einfach weggelassen.
Das Heiraten verzögert sich nämlich deswegen, weil Psychologin Victoria (Emily Blunt) eine Forschungsstelle im kalten und schneereichen Michigan Weiterlesen

Die Vermissten

Ein Kind verschwindet – ein beliebter Filmstoff. In der Regel wird die Verzweiflung der Eltern gezeigt und ihre Angst, oder die Vorgeschichte des Verschwindens, vielleicht

Die Vermissten

Probleme zuhause, Missbrauch oder auch eine Entführung. „Die Vermissten“ von Jan Speckenbach ist ganz anders. Auch hier gibt es eine verzweifelte Mutter. Der Film folgt jedoch dem Vater Lothar (André M. Hennicke), der jahrelang gar keinen Kontakt zur inzwischen 14-jährigen Tochter Martha hatte. Er hört von anderen verschwundenen Kindern, stößt aber bei deren Eltern nur auf verschlossene Türen und Ablehnung. Neugierig geworden durch die Begegnung mit einem Ausreißer-Mädchen (Luzie Ahrens), begibt er sich auf die Suche nach Martha und gerät in eine seltsame Welt, in der die Kinder ihren eigenen Regeln folgen und keineswegs die Unschuldigen sind, sondern sich auf faszinierende Weise emanzipiert haben. Weiterlesen