The Deep Blue Sea

Die Schwiegermutter hat’s gewusst: Leidenschaft führt ins Verderben. Doch Hester (Rachel Weisz) kann nicht anders, als ihren Mann für einen anderen verlassen.The Deep Blue Sea Mit dem etwas älteren William war alles bequem, ruhig, liebevoll – eine eintönige Sackgasse oder sogar Schlimmeres. Mit Freddie, dem feschen, ehemaligen Kampfpiloten, entdeckt sie ein anderes Leben, aufregend, voll gieriger Körperlichkeit und brennender Leidenschaft – aber ohne wirkliche Zukunft. Was ihr passiert sei, fragt William, auch nach der Trennung um sie bemüht: „Liebe. Das ist alles.“ Was sie aufzehrt: Sie wird nicht zurück geliebt.

Rückblenden, kulissenhaft Settings und sorgfältig komponierte Bilder erzählen von der Vorgeschichte und dem Dilemma, das Hester in einen Selbstmordversuch treibt. Der Film beginnt mit dem Aufdrehen des Gashahns und dem Verfassen eines Abschiedsbriefes. Freddie sei nicht schuld, schreibt sie.

Der Film sieht an vielen Stellen aus, als spielte er nicht nur im Jahr 1950, sondern wäre auch damals gedreht worden. Das macht ihn ungemein faszinierend. Das Tempo ist gemächlich, der Einsatz der Musik sehr bedacht und voller Dramatik. Erst dadurch wirken Piano und Streicher so intensiv. Regisseur Terence Davies psychologisiert nicht, sondern beobachtet das Drama fast distanziert. Rachel Weisz lässt schmerzhaft deutlich werden, wie es einer Frau geht, die sich aus unerfüllter Liebe selbst demütigt. Sie sagt „Ich werde dich nicht zum Bleiben überreden“, tut aber genau das und verachtet sich dafür. Zu ihrem ehrlich besorgten Ehemann kann sie nicht zurück, auf Englisch sagt man für eine solche Zwickmühlen-Situation: „To be between the devil and the deep blue sea“, daher der Titel.

[Erschienen in der zitty Berlin 20/2012]