Der Film könnte auch “Tagebuch einer tragischen Person” heißen. Judi Dench spielt die über 60-jährige Barbara Covett, die sich in ihre junge Kollegin Sheba Hart (Cate Blanchett) verliebt und ihr Nähebedürfnis auf höchst verstörende Weise auslebt: Sie nutzt die offensichtliche Unerfahrenheit der jüngeren aus, um ihre Unterstützung anzubieten. Sheba, offen und unkonventionell, freut sich über Hilfe in schwierigen Situationen mit Schülern und lädt Barbara auch mal zu sich nach Hause ein. Dort erwarten Barbara (hoffnungslos overdressed für den Anlass) ein deutlich älterer, sympathischer Ehemann (Bill Nighy) und zwei Kinder.
So weit, so unspektakulär. Hätte Barbara nicht entdeckt, wie Sheba mit einem 15-jährigen Schüler eine Affäre hat, wäre die Beziehung der beiden Freuen womöglich im Sande verlaufen. Weiterlesen →
Sprache ist Identität. Wer sie nicht nur sprechen, sondern auch lesen und schreiben kann, besitzt ein mächtiges Werkzeug. Mit diesem Werkzeug umzugehen, möchte die titelgebende Protagonistin in „Papusza – Die Poetin der Roma“ erlernen, doch in ihrem Clan erntet sie damit nur Misstrauen. Schließlich wird sie wegen ihrer poetischen Bestrebungen sogar aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Papusza starb 1987 – sie hieß mit bürgerlichem Namen Bronisława Wajs und ist die wohl bekannteste Lyrikerin der Roma. Die Verfilmung ihrer Lebensgeschichte von Joanna Kos-Krauze und Krzysztof Krauze ist ein episches Drama in Schwarz-Weiß, das unter die Haut geht.
Ich war beim Filmfest Dresden – vier Tage lang nur Kurzfilme ansehen! Mit Ben und Jette hab ich mich dann ausgetauscht, wie wir die Filme so fanden. Diesmal mit Filmausschnitten!
Sem Coracao
“Sem Coraçǎo” von Nara Normande e Tião (Goldener Reiter Kurzspielfilm): Trailer | “Kid-Thing” (imdb) “Winter’s Bone” (imdb)
“Castillo y el Armado” von Pedro Harres: Trailer “The Ringer” von Chris Shepherd: Trailer “Juke Box” von Ilan Klipper: ganzer Film (franz. Original), kein Trailer zu finden
“Flea” von Vanessa Caswill: ganzer Film (engl. Original), kein Trailer zu finden
“Simulacra” von Ivana Bosnjak, Thomas Johnson: Trailer “Om Du lämnar mig nu / If You Leave Me Now” von Maria Eriksson: Trailer “Reizigers in de Nacht / Travellers in the Night” von Ena Sendijarevic (Goldener Reiter der Jugendjury): Ausschnitt “Maly Cousteau / The Little Cousteau” von Jakub Kouril: Trailer | “The Life Aquatic with Steve Zissou /Die Tiefseetaucher” (imdb)
“Strach / Little Secret” von Martin Krejci: Trailer “Scribbledub” von Ross Hogg: Trailer
“Hole” von Martin Edralin (Lobende Erwähnung der Internationalen Jugendjury): Trailer | “Irina Palm” (imdb)
“El don de los espejos / Mister Mirror Man” von Mara Soler Guitián: Trailer
“The Chicken” von Una Gunjak: Trailer
“Deux amis / Two Friends” von Natalia Chernysheva: Trailer
“The Substitute” von Nathan Hughes-Berry: Trailer
“HTM” von Sachi Ediriweera: nix zu finden
“Курица / The Hen” von Vasil Bedoshvili: nix zu finden
“Bloedhond / Wild Dog” von Mees Peijnenburg: nix zu finden
“Pour retourner” von Scooter Corkle: Trailer
“Binary Pitch” von Vladislav Knezevic: nix zu finden, daher ein Bild.
“darkroom” von Billy Roisz: Video der Installtion “Naturzustand / State of Mind” von Ayla Pierrot Arendt: nix zu finden
“Tuttavia” von Metz+Racine, Mototake Makishima: nichts zu finden, daher das Bild mit den Ei-förmigen Dingern
“Krikelkrakel” von Mirjam Baker: ganzer Film “Optical Sound” von Elke Groen, Christian Neubacher: Ausschnitt “Color Victim” von Michael Schwarz: Leider nix zu finden
“Swallowed Whole” von Heidi Kumao: Ausschnitt “Picture Particles” von Thorsten Fleisch: ganzer Film
“Ohne Ton kein Bild” Ausstellung und ein Bild aus dem sehr unterhaltsamen “Der Wettlauf” (1962), der ausschließlich mit dem SupracordSubharchord vertont wurde.
Ein sehr toller Film, über den wir nicht gesprochen haben:
“Pein” von Ulrike Vahl (Gewinner des Filmförderpreis der Kunstministerin): Trailer
Ungefähr ein Prozent aller weiblichen Jugendlichen und Erwachsenen leiden an Magersucht, einer Essstörung, bei der der eigene Körper als zu dick empfunden wird – selbst dann, wenn die Betroffenen schon unter starkem Untergewicht leiden. In Kinofilmen ist das Thema selten präsent. Umso erfreulicher, dass die Schwedin Sanna Lenken nach ihrem Kurzfilm „Eating Lunch“ (Berlinale 2013) erneut einen sehr feinfühligen Beitrag dazu leistet. Diesmal ist es ein mit dem ZDF und arte koproduzierter Spielfilm, der 2015 in der auf ein jugendliches Publikum ausgerichteten Berlinale-Sektion Generation Kplus gezeigt wird. Lenken, die als Teenager selbst an Magersucht litt, stellt in ihrem einfühlsamen Jugenddrama „My Skinny Sister“ Stella in den Mittelpunkt, die jüngere Schwester der magersüchtigen Katja.
Annemarie Schwarzenbach war eine Freundin von Klaus und Erika Mann, die Ehefrau eines homosexuellen Diplomaten in Persien, Schriftstellerin, Antifaschistin, morphinsüchtig und lesbisch. Sie hat mit ihrer Art und ihrem androgynen Äußeren unter anderem die US-Schriftstellerin Carson McCullers und die Fotografin Marianne Breslauer verzaubert. Im Alter von 34 ist sie nicht etwa an Drogen, sondern bei einem Fahrradunfall gestorben.
Dass sich die Künstlerin Véronique Aubouy nun filmisch mit Schwarzenbach beschäftigt, ist grundsätzlich zu begrüßen, schließlich verdienen nicht nur die Reiseberichte und die Prosawerke der Schweizerin, die seit den 1980er Jahren wieder aufgelegt werden, jedes Interesse, sondern auch ihre faszinierende Lebensgeschichte. Was unter dem Titel „Je suis Annemarie Schwarzenbach“ nun aber als halbdokumentarisches Filmexperiment bei der Berlinale 2015 im Panorama zu sehen ist, das wird vermutlich nicht einmal eingefleischte Schwarzenbach-Anhängerinnen begeistern.
Mein subjektiver Ausschnitt der diesjährigen Berlinale – mit vier Menschen bespreche ich Filme, Vorführungen und Q&As. Aus der Unmenge an Filmen hab ich meine Auswahl getroffen, Tickets ergattert und mich an verschiedenen Orten über das Gesehene ausgetauscht. Es werden Empfehlungen ausgesprochen und wir versuchen abzusehen, ob die Filme im deutschen Kino oder Fernsehen zu sehen sein werden. Bitte entschuldigt die teils nicht so tolle Tonqualität und die unterschiedlich lauten (und hoffentlich nicht allzu störenden Hintergrundgeräusche (Kneipe, Festivalkino, etc.)
Petra war auf dem internationalen Filmfestival in Rotterdam (IFFR). Dort hat sie sehr viele Filme gesehen, Architektur bewundert und sogar Schneegestöber erlebt. Mit Sebastian Selig und Heiko Hanel (die ebenfalls sehr viele Filme gesehen haben) spricht sie über fünf dieser Filme.
Götz Spielmanns Filme kann man schlecht beschreiben. Schon bei dem Vorgänger „Revanche“ klang die Geschichte eher trivial: Kleinganove und aussteigewillige Prostituierte überfallen eine Bank. Sie stirbt durch die Kugel eines Polizisten, zu dessen Frau er später eine Beziehung aufbauen wird. Der Film ist aber ein Wunder an eindringlichen Situationen und emotionsgeladener, hinreißenden Bedächtigkeit. Auch sein neuer Film „Oktober November“ beschreibt sich nur unzureichend mit dem Plot: Ein schwerer Herzinfarkt des Vaters (Peter Simonischek) führt die Schauspielerin Sonja (Nora von Waldstätten) aus Berlin in die österreichische Heimat, wo sie auch ihre Schwester Verena (Ursula Strauss) wieder trifft. In dem ehemaligen Gasthaus brechen alte Konflikte und Fragen auf. Spielmann selbst findet, dass die Frage “Was ist der Grund unseres Daseins, was ist der Sinn?” „platt“ klingt. Seine Film ist das Gegenteil davon und sehr berührend. Weiterlesen →