Der Verdingbub

Ja, das ist ein schlimmes Schicksal gewesen, als Verdingkind. Bis weit nach 1950 gab es sie in der Schweiz: Meist waren es uneheliche oder Waisenkinder, die unter Billigung von Pfarrern, Ärzten und den Behörden unter sklavenähnlichen Bedingungen auf den Höfen arbeiteten. Damals gab es kein Mitleid, heute wird um Entschädigungen gerungen. Aber die Tatsache, dass bis heute – auch in der Schweiz – viele davon nichts wissen, rechtfertigt nicht, dass dieser sehr mittelmäßige TV-Film ins Kino kommt. Die Geschichte spielt Mitte des letzten Jahrhunderts auf dem Hof der Bösigers: saufender Vater, fieser Sohn, brutale herzlose Mutter. Katja Riemann gibt die Bäuerin, voller Verbitterung und vom Kampf ums Überleben gezeichnet, doch irgendwie nimmt man ihr die Härte und den stampfenden Gang nicht ab. Max und Berteli müssen dort schuften. Gut – aber naiv – ist die junge Lehrerin in der Dorfschule, die die Schikanen sieht, denen die Kinder ausgesetzt sind und durch ihre „Hilfe“ alles noch schlimmer macht. Sie erkennt Max’ Talent an der Handorgel. Über das akkordeonähnliche Instrument wird eine Verbindung nach Argentinien geschlagen, das für die verzweifelten Kindern als Sehnsuchtsort konstruiert wird. An dramatischen Entwicklungen wird nichts ausgelassen, eben ein typischer TV-Stoff, mit Teil-Happy End. Positiv notiert: Die Musik erfreut, ohne volkstümelnde Klischees zu erfüllen.

[erschienen in der zitty 22-2012]