Das Glück der großen Dinge

Was für ein Titel! Irreführend und unklar – wer hier an die Liebe des Lebens und den Märchenprinzen denkt, liegt völlig daneben. Der Originaltitel „What Maisie Knew“ deutet Das Glück der großen Dingedie Vielschichtigkeit der Geschichte viel besser an, auch wenn er an das Thrillergenre erinnert. Um einen solchen geht es hier ganz und gar nicht. „Das Glück der großen Dinge“ erzählt von der hundertfach bekannten und immer wieder tragischen Geschichte einer Trennung, bei der um das gemeinsame Kind gestritten wird. Doch anders als zum Beispiel beim Klassiker „Kramer gegen Kramer“ von 1980 klingen hier schlussendlich ganz neue Lebens- und Familienmodelle an.

Susanna (Julianne Moore) ist erfolgreiche Rocksängerin, Beale (Steve Coogan) Kunsthändler. Die kleine Maisie (Onata Aprile) kennt es nicht anders, als dass die beiden lautstark streiten, während sie mit dem Kindermädchen Margo (Joanna Vanderham) versucht eine gute Zeit zu verbringen. Durch die Trennung der Eltern gerät die Konstellation völlig aus den Fugen. Viele Handlungen der Erwachsenen sind fortan durch Taktik gegenüber dem Gericht oder dem Anwalt der Gegenseite geprägt, denn beide wollen Maisie nicht dem Ex-Partner überlassen. Zeit haben aber beide nicht, da Susanna oft auf Tour ist und Beale erwägt, nach London zu ziehen. Doch das würden sie nie zugeben, stattdessen heiraten beide – Beale die freundliche Margo, Susanna den jungen Lincoln (Alexander Skarsgård), den sie kaum kennt.

Maisie – eine clevere und umgängliche Sechsjährige – sitzt zwischen allen Stühlen. Die meiste Verantwortung für sie übernehmen – nicht immer ganz freiwillig – die neuen Partner ihrer Eltern, Margo und Lincoln. Auch wenn Maisie die Taktiken der Erwachsenen nicht versteht und ihre Leichtgläubigkeit das Schutzbedürfnis von Kindern umso deutlicher macht: Sie vertraut den beiden immer mehr, da sie sich tatsächlich um sie kümmern. Ihre Eltern hingegen versuchen aus ihr Informationen zu pressen, um dem Ex-Partner beim nächsten Gerichtstermin eine reinzuwürgen. Dabei gibt Julianne Moore ganz großartig die selbstverliebte, überspannte Rocksängerin. Erst am Ende begreift sie, was sie ihrer Tochter antut, als sie in ihr erschrockenes Gesicht schaut. Und freundet sich langsam mit dem Gedanken an, dass die „richtige“ Mutter nicht unbedingt auch die „beste“ Mutter sein muss – ein befreiender Gedanke für alle Beteiligten.

[erschienen im gedruckten Kinokalender 7/2013 und hier]

Kinostart: 11.07. 2013